Nimmt ein Leasinggeber für den Fall der vorzeitigen Kündigung eines Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung eine Klausel zur Restwertabrechnung auf, muss er das dort eingeräumte Drittkäuferbenennungsrecht des Leasingnehmers beachten, obwohl die Klausel wegen Überraschung und unangemessener Benachteiligung des Leasingnehmers unwirksam ist.
Mit Urteil vom 27. September 2016 – 8 U 93/14 – hat sich das Oberlandesgericht Karlsruhe zur Abrechnung eines vorzeitig aus wichtigem Grund fristlos gekündigten Leasingvertrages bei Verletzung des dem Leasingnehmer eingeräumten Drittkäuferbenennungsrechts geäußert.
Der Leasinggeber darf bei vorzeitiger Abrechnung eines Kilometerleasingvertrages nicht auf Restwertabrechnung umschwenken:
„Zunächst ist jedoch der Klägerin insoweit zuzustimmen, als sie die Rechtsauffassung vertritt, dass bei einem Leasingvertrag mit Kilometerabrechnung eine Restwertabrechnung nicht stattfindet (vgl. BGH, Urteile vom 9. Mai 2001 – VIII ZR 208/00 -, juris, Rn. 23, vom 14. Juli 2004 – VIII ZR 367/03 -, juris, Rn. 19 und vom 14. November 2012 – VIII ZR 22/12 -, juris, Rn. 24), Verwertungsrisiko und Verwertungschance allein beim Leasinggeber liegen und dieser nicht verpflichtet ist, den Leasingnehmer an einem durch Veräußerung des Fahrzeugs nach Vertragsablauf erzielten Gewinn zu beteiligen (vgl. BGH, Urteil vom 24. April 2013 – VIII ZR 265/12 -, juris, Rn. 14). Da diese vertragliche Risikoverteilung auch bei der Berechnung des Schadens beibehalten werden muss, den der Leasingnehmer nach einer von ihm veranlassten außerordentlichen Kündigung des Leasingvertrages durch den Leasinggeber diesem zu ersetzen hat, weil nach dem allgemeinen Grundsatz des Schadensersatzrechts bei einem Schadensersatzanspruch wegen Nichterfüllung eines Vertrages der Berechtigte so zu stellen ist, wie er bei ordnungsgemäßer Vertragsdurchführung gestanden hätte (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O., Rn. 21), spricht alles dafür, dass in Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Leasingvertrages mit Kilometerabrechnung enthaltene, nur bei vorzeitiger – nicht hingegen bei regulärer – Vertragsbeendigung einen Restwertausgleich vorsehende Klauseln entweder gemäß § 305c Abs. 1 BGB schon nicht Vertragsbestandteil werden (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 4 bis 6 und 18; OLG Oldenburg, Urteil vom 2. Juni 2003 – 15 U 29/03 -, juris, Rn. 5) oder aber jedenfalls nach § 307 Abs. 1 BGB wegen unangemessener Benachteiligung des Leasingnehmers unwirksam sind (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 4 bis 6 und 17; OLG Oldenburg, a.a.O.) – und die Klausel ‚XV. Abrechnung nach Kündigung gemäß Abschnitten XIV oder X Ziffer 6‘ der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des hier zu beurteilenden Leasingvertrages [Anlage K 1] dieses Schicksal teilt.“
Enthält der Leasingvertrag ein Drittkäuferbenennungsrecht zugunsten des Leasingnehmers, ist dieses, wenn es zugunsten des Leasingnehmers greift, auch bei Unwirksamkeit der Abrechnungsklausel zu beachten. Denn der Leasinggeber kann sich als Klauselverwender nicht auf deren Unwirksamkeit berufen:
„Allerdings hat der Beklagte jedenfalls mit Schriftsatz vom 4. August 2016 deutlich gemacht, dass er den von der Rechtsvorgängerin der Klägerin vorzeitig aus wichtigem Grund fristlos nach Abschnitt XIV der Allgemeinen Geschäftsbedingungen gekündigten Leasingvertrag [Anlage K 1] nach der – unwirksamen – Klausel XV [Wiedergabe der Klausel mit Drittkäuferbenennungsrecht] abgerechnet wissen will, und zutreffend darauf hingewiesen, dass die Rechtsvorgängerin der Klägerin diese Allgemeine(n) Geschäftsbedingung(en) stellte und sich der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen und sein Rechtsnachfolger nicht auf deren Unwirksamkeit berufen können (vgl. BGH, Urteile vom 4. Dezember 1997 – VII ZR 187/96-, juris, Rn. 21 und vom 2. April 1998 – IX ZR 79/97 -, juris, Rn. 23; OLG Düsseldorf, Urteil vom 30. Oktober 2001 – 24 U 44/01 -, juris, Rn. 82 ff.; Grüneberg, in: Palandt, BGB, 75. Aufl. 2016, § 306 Rn. 5).“
Missachtet der Leasinggeber das Drittkäuferbenennungsrecht des Leasingnehmers, ist der Händlerverkaufspreis der Abrechnung zugrunde zu legen, nicht der Händlereinkaufspreis:
„Da die Rechtsvorgängerin der Klägerin gegen die Verpflichtung verstieß, dem Beklagten als Leasingnehmer die Benennung eines Käufers zu ermöglichen, hat sie – vor dem Hintergrund der Verpflichtung des Leasinggebers zur bestmöglichen Verwertung der zurückgegebenen Leasingsache (vgl. BGH, Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O., Rn. 17 m.w.N.) – den Beklagten im Wege des Schadensersatzes (§ 280 Abs. 1 BGB) so zu stellen, wie er stünde, wenn das Fahrzeug zum Verkehrswert (Händlerverkaufspreis) veräußert worden wäre (vgl. OLG Dresden, Urteil vom 11. November 1998 – 8 U 3066/97 -, juris, Rn. 33 ff.; LG Halle, Urteil vom 20. September 2002 – 1 S 279/01 -, juris, Rn. 10; LG Frankfurt am Main, Urteil vom 5. Juli 2007 – 2-27 O 495/05 -, BeckRS 2007, 11849). Es ist nämlich gemäß § 287 ZPO anzunehmen, dass sich dieser Preis hätte erzielen lassen, wenn dem Beklagten Gelegenheit zur Drittkäuferbenennung gegeben worden wäre. […] § 287 ZPO ist anwendbar, weil es nicht um ‚Vorteilsausgleich‘ geht, sondern um die Feststellung der Höhe des Schadens, der dem Beklagten durch die Verletzung des Drittkäuferbenennungsrechts durch die Rechtsvorgängerin der Klägerin entstanden ist.“
Vom Händlerverkaufswert ist eine etwaige Wertminderung für übermäßige Abnutzungen abzuziehen, nicht jedoch ein Abschlag für normale Gebrauchsspuren, denn normale Gebrauchsspuren sind im ermittelten Durchschnittswert bereits eingepreist:
„Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat zutreffend darauf hingewiesen, dass – entsprechend den Ausführungen des Sachverständigen auf Seite 8 des vorbezeichneten Gutachtens vom 3. Mai 2012 – vom jeweiligen Netto-Fahrzeugwert ein Betrag von 1.740,00 € wegen vorhandener Fahrzeugschäden abgezogen werden muss. Normale Gebrauchsspuren haben hingegen schon im Rahmen der Mittelwertbildung Berücksichtigung gefunden, weil anzunehmen ist, dass der gebildete Mittelwert den Verkehrswert am ehesten treffen wird (vgl. Gutachten vom 3. Mai 2012, Seite 8).“
Eine weitere Kürzung des Händlerverkaufspreises ist nicht angezeigt, insbesondere nicht um 10%, wie von anderen Gerichten teilweise angenommen:
„Lediglich 90% des Verkehrswerts/Händlerverkaufswerts zugunsten des Beklagten in Abzug zu bringen (vgl. OLG Düsseldorf, Urteile vom 30. März 2004 – I-24 U 193/03, 24 U 193/03 -, juris, Rn. 26 und vom 7. Juni 2005 – I-24 U 235/04, 24 U 235/04 -, juris, Rn. 13; LG Itzehoe, a.a.O., Rn. 47), kommt nicht in Betracht, weil nach Abschnitt XV Nr. 2 Satz 5 der ‚Kaufpreis‘ (ohne Umsatzsteuer) nach Abzug der Kosten für die Schätzung anzurechnen ist, der ‚Kaufpreis‘ (ohne Umsatzsteuer) bei verständiger Auslegung der Klausel nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Vertragspartners der Rechtsvorgängerin der Klägerin im Schadensfall infolge der Verletzung des Drittkäuferbenennungsrechts durch den (Netto-)Händlerverkaufswert zu ersetzen ist und die Schätzkosten – mit 110,00 € (‚Gutachterkosten‘) – in der Rechnung bereits gesondert Berücksichtigung gefunden haben.“