Billigt der Leasinggeber dem Leasingnehmer in einer Vertragsergänzung zu, der Leasingnehmer könne ein vorzeitiges Auflösungsersuchen an den Leasinggeber unter Zahlung konkret genannter Restwerte richten, kann eine solche Gestaltung als Option zur vorzeitigen Beendigung des Leasingvertrages und zum Kauf des Fahrzeugs auszulegen sein.
Dies entschied das OLG Hamm mit Urteil vom 26.03.2007 (Aktenzeichen 18 U 146/05). In der Begründung des Urteils führt das Gericht aus:
„Nach dem Ergebnis der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme durfte die Beklagte die ihr von der Klägerin zugesandte Vertragsergänzung vom 26.11.1999 mit Rücksicht auf den Inhalt der zuvor zwischen ihrem Ehemann, dem Zeugen E, und dem Mitarbeiter der Klägerin y2 geführten Vertragsverhandlungen dahin verstehen, dass die Klägerin ihr damit das Recht einräumt, das Leasingfahrzeug zu einem der in der Ergänzungsvereinbarung genannten Zeitpunkten und Geldbeträgen bei gleichzeitiger vorzeitiger Aufhebung des Leasingvertrages kaufen zu können. Von dieser ihr eingeräumten Kaufoption hat die Beklagte mit ihrem Schreiben vom 21.02.2003, in dem sie die Klägerin um vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages zum 31.05.2003 und um Bestätigung der vereinbarten Ablösesumme für die Übereignung des Fahrzeuges bat, Gebrauch gemacht.
Dabei verkennt der Senat nicht, dass sich dem Wortlaut der Vertragsergänzung für sich allein gesehen, die Einräumung einer solchen Kaufoption zu Gunsten der Beklagten nicht entnehmen lässt. Denn in der Vertragsergänzung ist weder von einer Ablösung oder Übernahme des Leasingfahrzeuges, noch von einem Verkauf desselben an die Beklagte die Rede. Ihrem Wortlaut nach räumt die Ergänzungsvereinbarung dem Leasingnehmer vielmehr nur das „Recht“ ein, zu verschiedenen Zeitpunkten der Vertragslaufzeit an die Klägerin mit dem Anliegen heranzutreten, über eine vorzeitige Aufhebung des Leasingvertrages zu verhandeln, wobei die Ergänzungsvereinbarung offenläßt, was im Falle eines Einverständnisses der Klägerin mit der vorzeitigen Vertragsaufhebung und Zahlung des entsprechendes Geldbetrages durch den Leasingnehmer mit dem Fahrzeug geschehen soll, insbesondere ob dieses Eigentum der Klägerin bleiben oder aber in das Eigentum des Leasingnehmers übergehen soll.
Die von der Klägerin an die Beklagte übersandte Vertragsergänzung vom 26.11.1999 ist jedoch als empfangsbedürftige Willenserklärung vom Empfängerhorizont auszulegen, wobei für diese Auslegung neben dem Wortlaut des Schreibens auch die außerhalb des Schreibens selbst liegenden Begleitumstände einzubeziehen sind (Palandt-Heinrichs, BGB 66. Auflage 2007, § 133 Rn. 9 und 15).
Die notwendigen Voraussetzungen für eine Auslegung sind gegeben. Insbesondere ist die Vertragsergänzung auslegungsbedürftig. Denn sie ist nach ihrem Wortlaut und Zweck keineswegs so eindeutig, dass kein Zweifel an ihrem Erklärungsinhalt möglich und damit für eine Auslegung von vornherein kein Raum ist (Palandt-Heinrichs, a.a.O., § 133 Rn. 6 m.w.Nw.).
Dies gilt zum einen schon deshalb, weil – wie bereits ausgeführt – der Wortlaut der Ergänzungsvereinbarung offen lässt, was im Falle eines Einverständnisses der Klägerin mit der vom Kunden gewünschten vorzeitigen Vertragsaufhebung mit dem Fahrzeug geschehen soll.
Weitere Zweifel an dem Erklärungsinhalt der Vertragsergänzung ergeben sich daraus, dass diese – wenn man sie wörtlich nimmt – dem Leasingnehmer allein das „Recht“ einräumt“, zu bestimmten Zeitpunkten der Vertragslaufzeit an die Klägerin mit dem Wunsch heranzutreten, mit ihm in Verhandlungen über eine vorzeitige Aufhebung des Leasingvertrages zu treten. Hierbei handelt es sich aber indes um eine bloße Selbstverständlichkeit, zu der es eigentlich überhaupt keiner derartigen Vertragsergänzung bedarf. Denn auch ohne eine solche Vertragsergänzung wäre es dem Leasingnehmer unbenommen, jederzeit während der Vertragslaufzeit an den Leasinggeber mit einem derartigen Anliegen heranzutreten.
Bereits diese beiden Umstände lassen aber ausreichende Zweifel an dem Erklärungsinhalt der Vertragsergänzung aufkommen, um diese als auslegungsbedürftig erscheinen zu lassen.
Die Auslegungsbedürftigkeit der Vertragsergänzung entfällt auch nicht etwa deshalb, weil beide Parteien ihr übereinstimmend die gleiche Bedeutung beigemessen hätten. Denn während die Klägerin nach ihrem Behaupten mit der Vertragsergänzung allein zum Ausdruck bringen wollte, dass die Beklagte berechtigt sein soll, mit ihr darüber zu verhandeln, ob sie den Leasingvertrag zu den in der Vertragsergänzung genannten verschiedenen Zeitpunkten der Vertragslaufzeit durch Zahlung des jeweils angegebenen Geldbetrages vorzeitig auflösen kann, wobei das Fahrzeug mangels weitere Absprache bei ihr, der Klägerin, bleiben sollte, hat die Beklagte nach ihrem Behaupten der Vertragsergänzung die Bedeutung beigemessen, dass ihr damit von der Klägerin das Recht eingeräumt worden ist, bei Zahlung einer der vereinbarten Geldbeträge das Fahrzeug vor Ablauf des Leasingvertrages von der Klägerin zu erwerben.
Die damit notwendig werdende Auslegung der Vertragsergänzung hat, da es sich bei ihr um eine empfangsbedürftige Willenserklärung handelt, grundsätzlich vom Empfängerhorizont aus zu erfolgen. Danach ist maßgeblich, wie die Beklagte als verständige, objektive Erklärungsempfängerin den Inhalt der Vertragsergänzung nach Treu und Glauben verstehen durfte, wobei neben dem Wortlaut des Schreibens auch die außerhalb ihm liegenden Begleitumstände in die Auslegung einzubeziehen sind, soweit sie einen Schluss auf den Sinngehalt der Erklärung zulassen. Als auslegungsrelevante Begleitumstände kommen dabei neben der Verkehrssitte vor allem die Entstehungsgeschichte der Willenserklärung, insbesondere der Inhalt der ihr vorausgegangenen Vertragsverhandlungen, sowie die beiderseitige Interessenlage in Betracht (Palandt-Heinrichs, BGB 66. Auflage 2007, § 133 Rn. 15 und 18 jeweils m.w.Nw.).
Bei Berücksichtigung dieser Begleitumstände konnte die Beklagte aber das Schreiben der Klägerin vom 26.11.1999 im Sinne einer Einräumung einer Kaufoption verstehen.
Der Zeuge E hat bei seiner Vernehmung durch den Senat ausgesagt, dass er vor Erhalt der Vertragsergänzung mehrfach mit dem Angestellten der Klägerin y2 telefoniert und diesem dabei von vornherein gesagt habe, dass die Beklagte nur dann ein Fahrzeug bei der Klägerin leasen wolle, wenn sie hinterher daran das Eigentum erwerben könne. Es sei klar gewesen, dass die Beklagte später Eigentümerin des Fahrzeuges werden sollte. Der Zeuge y2 habe ihm hierauf geantwortet, dass dieses zwar aus steuerlichen Gründen nicht in den Leasingvertrag aufgenommen werden könne, die Klägerin aber überhaupt kein Interesse an einer Rücknahme der Fahrzeuge habe, da sie nur das Leasinggeschäft machen würde. Er, der Zeuge y habe aber eine Bestätigung über die Möglichkeit der vorzeitigen Ablösung des Fahrzeuges haben wollen. Er habe deshalb dem Zeugen y2 am Telefon erklärt, dass der Leasingvertrag erst dann von der Beklagten unterschrieben werde, wenn ihm und seiner Frau der Ergänzungsvertrag vorliege. Daraufhin habe die Klägerin die Vertragsergänzung vom 26.11.1999 übersandt. Erst als seine Ehefrau später nicht bereit gewesen sei, bei der Klägerin ein anderes Fahrzeug zu leasen, habe er erstmals von Herrn C, der bei der Komplementärin der Klägerin zum Prokurist bestellt ist, erfahren, dass das Fahrzeug nicht abgelöst werden könne.
Bei Berücksichtigung des Inhaltes der vom Zeugen E bekundeten, vorausgegangenen Vertragsverhandlungen konnte die Beklagte die ihr von der Klägerin übersandte Vertragsergänzung vom 26.11.1999 als Einräumung einer Kaufoption auffassen, nämlich dahin, dass die Klägerin ihr bereits damit verbindlich das Recht einräumen wollte, zu einem der in der Vertragsergänzung genannten Zeitpunkte von der Klägerin gegen Zahlung des jeweiligen Geldbetrages die vorzeitige Übereignung des Fahrzeuges verlangen zu können. Denn wenn die Klägerin der Beklagten nach der ausdrücklichen Erklärung des Zeugen y, dass die Beklagte nur nach Erteilung einer schriftlichen Bestätigung, das Fahrzeug später erwerben zu können, zum Abschluss des Leasingvertrages bereit sei, eine Vertragsergänzung übersendet, dann konnte die Beklagte davon ausgehen, dass die Klägerin mit dieser Vertragsergänzung ihrem Wunsch nach einer schriftlichen Bestätigung der von ihr geforderten Kaufoption entsprechen will. Dies gilt erst recht, wenn es wie hier eingangs der Vertragsergänzung heißt: „.. bestätigen wir Ihnen folgende, verbindliche Ergänzung des obigen Leasingsvertrages …“ sowie am Ende des Schreibens: „Wir hoffen Ihnen mit dieser Vertragsergänzung entgegen gekommen zu sein“ und auch der sonstige Inhalt der Vertragsergänzung ein dahingehendes Verständnis nicht sicher ausschließt. Insbesondere enthält die Vertragsergänzung – wie oben bereits ausgeführt – keinen eindeutigen Hinweis darauf, dass das Fahrzeug nach Vorstellung der Klägerin im Falle der vorzeitigen Auflösung des Leasingvertrages weiterhin ihr Eigentum bleiben soll.
Dass nach dem Wortlaut der Vertragsergänzung im Falle eines vorzeitigen Auflösungsersuchens der Beklagten zunächst mit der Klägerin hierüber noch eine Einigung erzielt werden musste, durfte die Beklagte unter Berücksichtigung der Inhalts der Vorgespräche als bloße Formalie betrachten, zumal sich bei einer bloßen Einräumung des Rechts, mit der Klägerin in Verhandlungen über eine vorzeitige Auflösung des Leasingvertrages – es sei nun mit oder ohne Übernahme des des Fahrzeuges – zu treten, um eine bloße Selbstverständlichkeit gehandelt hätte, für die es keiner – wie es eingangs des Schreiben heißt – „verbindlichen“ Ergänzung des Leasingvertrages bedurft hätte.
Dafür, dass die Beklagte die ihr von der Klägerin übersandte Vertragsergänzung vom 26.11.1999 auch tatsächlich im Sinne der von ihr gewünschten Bestätigung der Einräumung einer Kaufoption verstanden hat, spricht schon der Umstand, dass sie den Leasingvertrag kurz nach Erhalt der Vertragsergänzung ohne weitere Nachfragen bei der Klägerin unterzeichnet hat.“
Wird in einen Leasingvertrag eine Kaufoption aufgenommen, handelt es sich rechtlich um einen Mietkauf. Stellt sich heraus, dass der Leasinggeber den Leasingnehmer über das Erwerbsrecht täuschte, ist der Vertrag alternativ oder hilfsweise wegen arglistiger Täuschung anfechtbar.
Entsprechende Vertragsgestaltungen berichten uns vor allem Kunden der Axon Leasing AG.