Eine vom Volkswagen-Konzern verwendete Klausel, wonach Leasingkunden für den Wert des Fahrzeugs zum Vertragsende einstehen sollen, wurde vom Landgericht Saarbrücken für unwirksam erklärt (Urteil vom 18.11.2011, Az. 13 S 123/11). Das Gericht geht selbst von einer „Vielzahl“ betroffener Fälle aus, weil der VW-Konzern die Klausel bundesweit in Leasingverträgen eingesetzt hat, u.a. für die Marken VW, Audi und Seat.
Im entschiedenen Fall verlangte die Volkswagen Leasing GmbH für einen VW Golf 3.233,80 Euro Nachzahlung, weil das Fahrzeug einen in den Vertrag eingetragenen Restwert am Ende der Laufzeit nicht einbrachte.
Das Amtsgericht Homburg wies die Klage ab. In der Berufung bestätigte nun das Landgericht Saarbrücken diese Entscheidung. Allerdings hat es noch die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, so dass das letzte Wort noch nicht gesprochen sein könnte.
In den Entscheidungsgründen stellte das Landgericht klar, dass Klauseln in Leasingvertragsformularen regelmäßig der AGB-Kontrolle unterliegen, insbesondere auch Restwertausgleichsklauseln.
Die betroffene Klausel lautet:
„Nach Zahlung sämtlicher Leasing-Raten und einer eventuellen Sonderzahlung verbleibt zum Vertragsende ein Betrag von EUR … (einschl. USt), der durch die Fahrzeugverwertung zu tilgen ist (Restwert). Reicht dazu der vom Leasing-Geber beim Kfz-Handel tatsächlich erzielte Gebrauchtwagenerlös nicht aus, garantiert der Leasing-Nehmer dem Leasing-Geber den Ausgleich des Differenzbetrages (einschl. USt). Ein Mehrerlös wird dem Leasing-Nehmer zu 75% (einschl. USt) erstattet. 25% (einschl. USt) werden auf die Leasing-Raten eines bis zu 3 Monaten nach Vertragsende zugelassenen Fahrzeugs angerechnet. Bei Umsatzsteueränderung erfolgt eine entsprechende Anpassung des Gebrauchtwagenwertes. Die Kalkulation erfolgte auf Basis einer jährlichen Fahrleistung von … km. Die Gebrauchtwagenabrechnung erfolgt unabhängig von den gefahrenen Kilometern.“
Diese Klausel ist nach Auffassung des Landgerichts nicht klar und verständlich und benachteiligt den Leasingnehmer deshalb unangemessen (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB).
Zunächst bemängelt das Landgericht, dass die Klausel den Eindruck erweckt, der Leasingnehmer müsse an der Verwertung nicht mitwirken:
Mit dieser Formulierung wird bei der gebotenen kundenfeindlichsten Auslegung zunächst der Eindruck vermittelt, es sei ausschließlich Sache des Leasinggebers, das Fahrzeug zu verwerten. Auch der Gebrauchtwagenerlös wird als feste, von dem Leasingnehmer nicht beeinflussbare Größe dargestellt, die allein von einem durch den Leasinggeber erzielten (nicht: erzielbaren) Erlös im Kfz-Handel abhängen soll. Die Regelung steht damit im direkten Widerspruch zu den eigenen Leasingbedingungen der Klägerin. Diese sehen nämlich in Ziffer XVI.3. ausdrücklich die Möglichkeit der Einflussnahme des Leasingnehmers auf die Verwertung des geleasten Fahrzeugs vor. Danach steht dem Leasingnehmer außer dem Widerspruch gegen die Verwertung des Fahrzeugs durch den Leasinggeber auch das Recht zur Benennung eines Kaufinteressenten zu, der nicht Teil des gewerblichen Gebrauchtwagenhandels sein muss.
Außerdem lasse die Klausel nicht hinreichend verständlich erkennen, dass das Restwertrisiko auf einer Vielzahl von Faktoren und nicht bloß auf der Laufleistung beruht:
Durch die vorliegende Klausel, bei der im unmittelbaren Anschluss an die Restwertbestimmung ausgeführt ist, dass die Kalkulation auf der Grundlage einer jährlichen Fahrleistung von 15.000 km erfolgte, wird dem Leasingnehmer der falsche Eindruck vermittelt, bei Einhaltung dieser Fahrleistung müsse er nicht ernsthaft mit einem Restwertausgleich rechnen. Die Angabe einer jährlichen Fahrleistung oder Gesamtfahrleistung ist beim Kraftfahrzeugleasingvertrag mit Restwertabrechnung eigentlich entbehrlich. Ihr kommt vielmehr für den Kraftfahrzeug-Leasingvertrag mit Kilometerbegrenzung bzw. –abrechnung Bedeutung zu, bei dem kein Restwertausgleich erfolgt (vgl. BGH, Urteil vom 09.05.2001 – VIII ZR 208/00, WM 2001, 2008, 2010). Dies schließt zwar nicht aus, dass auch in einem Leasingvertrag mit Restwertausgleich die jährliche Fahrleistung etwa – wie hier – als Kalkulationsgrundlage Erwähnung findet. Allerdings muss in diesem Fall hinreichend deutlich werden, dass die Fahrleistung für die Kalkulation des Restwertes nur eine von mehreren unverbindlichen kalkulatorischen Größen darstellt und sich die Verpflichtung zum Restwertausgleich ausschließlich nach dem nach Vertragsende am Markt erzielbaren Verwertungserlös richtet, der von vielen anderen Faktoren, insbesondere der allgemeinen Marktlage, abhängt. Dies ergibt sich einerseits in Anbetracht des von dem Kunden übernommenen Risikos, nach Vertragsende den veranschlagten Restwert zu erlösen. Dieses Risiko ist angesichts der wenig voraussehbaren Entwicklung am Gebrauchtwagenmarkt erheblich, wie der Kammer aus verschiedenen Verfahren gerichtsbekannt ist. Dies belegt auch der Streitfall, bei dem der erzielte Erlös um rund 25% unter dem angegebenen Restwert liegt, obwohl die kalkulierte Gesamtfahrleistung nur geringfügig, nämlich um lediglich ca. 5.000 km überschritten wurde. Andererseits nimmt der Leasingnehmer den Leasinggeber als erfahrenen Teilnehmer des Marktes wahr, der in der Lage ist, den Restwert verlässlich zu prognostizieren. Durch die Hervorhebung der Fahrleistung im Rahmen der Verpflichtung zum Restwertausgleich wird deshalb ein Vertrauen des Kunden in die Maßgeblichkeit dieser kalkulatorischen Größe für den erzielbaren Restwert nach Vertragsende begründet, die dem mit dem Vertrag übernommenen Risiko widerspricht. Die Klausel spiegelt insoweit die Sicherheit eines Leasingvertrages mit Kilometerbegrenzung vor, die für den Leasingvertrag mit Restwertausgleich nicht existiert. Erhält die Fahrleistung dadurch eine Bedeutung, die ihr tatsächlich nicht zukommt, ist die Klausel aber zur Irreführung des Kunden im Hinblick auf die zu erwartenden wirtschaftlichen Nachteile und Belastungen bei der Erzielung des veranschlagten Restwerts geeignet.
Der nachfolgende Satz, wonach die Gebrauchtwagenabrechnung unabhängig von den gefahrenen Kilometern erfolgt, ändert hieran nichts. Fraglich ist bereits, ob dieser Zusatz für sich genommen klar und verständlich ist. Denn es wird hier erstmals ohne nähere Erklärung der Begriff „Gebrauchtwagenabrechnung“ verwandt. Im Übrigen wird durch diese Formulierung das mit der vorangegangenen Formulierung geweckte Vertrauen des Kunden in die Maßgeblichkeit der jährlichen Fahrleistung nicht zerstört. Die Formulierung besagt nichts anderes, als dass eine Gebrauchtwagenabrechnung immer erfolgt, also ohne dass es auf die Einhaltung einer Gesamtfahrleistung ankommt. Eine Aussage, dass die kalkulierte Fahrleistung letztlich unverbindlich für die Höhe des nach Vertragsende tatsächlich geschuldeten Restwertausgleichs ist, lässt sich dieser Formulierung indes nicht entnehmen.
Leasingkunden ist zu empfehlen, Nachforderungen zum Vertragsende kritisch zu überprüfen und sich im Zweifel zur Wehr zu setzen.