Das Amtsgericht Köln wies die Klage eines Leasinggebers gegen den Leasingnehmer ab. Die Bank verlangte von ihrem Kunden eine Nachzahlung aufgrund von in einem TÜV-Gutachten ausgewiesenen „Minderwerten“ am zurück gegebenen Fahrzeug.
Die wichtigsten Aussagen aus der Urteilsbegründung sind hier zusammen gestellt:
Verbindlichkeit des Gutachtens fraglich
Der Klägerin steht zunächst kein Anspruch auf Zahlung eines Minderwertes in Höhe von 2.450,00 EUR zu. Sie kann sich dazu nicht auf eine Verbindlichkeit des Gutachtens des TÜV berufen. Dabei kann dahinstehen, ob die Klausel in Ziff. XVII.1 der klägerischen Allgemeinen Geschäftsbedingungen, nach der bei fehlender Einigung der Minderwert durch einen Sachverständigen ermittelt wird, einen wirksamen Schiedsgutachtenvertrag i.S.v. § 317 Abs. 1 BGB darstellt. Dies erscheint im Hinblick auf eine unangemessene Benachteiligung des Leasingnehmers im Sinne von § 307 BGB angesichts des Ausschlusses von Einwendungen des Leasingnehmers gegen das Gutachten sowie der sich daraus ergebenden Beweislastumkehr und der wirtschaftlichen Position der Leasinggeberin gegenüber den beiden vorgeschlagenen Sachverständigenunternehmen fraglich (vgl. LG Frankfurt, NJW-RR 1988, 1132; Reinking, NZV 1997, 1, 10).
Auftrag an den Gutachter darf nicht alle Schäden umfassen
Vorliegend kommt aber eine Verbindlichkeit des eingeholten TÜV-Gutachtens schon deshalb nicht in Betracht, da dieses für die Ermittlung des Minderwertes unbrauchbar ist. Der Sachverständige muss mit Blick auf die vertraglichen Vereinbarungen und den Verwendungszweck des Fahrzeugs dessen Mängel und Schäden feststellen, diese von den Verschleiß- und Gebrauchsspuren abgrenzen und schließlich die Reparaturkosten und den Minderwert ermitteln, wobei sämtliche Reparaturerfordernisse, die ihre Ursache in einem normalen Verschleiß haben, unberücksichtigt bleiben müssen, da sie bereits der Bewertung eines normal abgenutzten Fahrzeugs zugrunde liegen (Reinking, NZV 1997, 1, 9). Dass der Sachverständige des TÜV diese Anforderungen erfüllt hat, ist aber nicht ersichtlich. Insbesondere ist schon nicht ersichtlich, dass dem Gutachter ein Auftrag dahingehend erteilt worden ist, lediglich diejenigen Schäden zu ermitteln, die eine übermäßige Abnutzung darstellen oder Einfluss auf die Verkehrs- oder Betriebssicherheit hätten.
Tipps:
- Mehr zur Abgrenzung zwischen üblichen Gebrauchsspuren und übermäßigen Abnutzungen lesen Sie hier.
- Stützt sich die Bank auf ein Gutachten, sollte man im Zweifel den Gutachterauftrag verlangen, um zu überprüfen, welche Maßstäbe dem Sachverständigen vorgegeben waren.
Minderwert muss in Gesamtschau ermittelt werden – keine bloße Addidtion
Zudem sind die ermittelten Minderwerte nicht nachvollziehbar dargestellt. So wird teilweise ein unterschiedlich hoher Anteil der Reparaturkosten als Minderwert dargestellt, teilweise die gesamten Reparaturkosten angesetzt. Hierbei wird zudem auch eine fällige Wartung als wertmindernd angesetzt, die jedoch bei einem Gebrauchtfahrzeug einen üblichen Zustand darstellt und insbesondere nicht zu einer Wertminderung in Höhe der gesamten Kosten führen kann. Insbesondere aber ergibt sich aus dem Gutachten nicht die zur Wertermittlung erforderliche Gesamtbetrachtung des Minderwertes des Fahrzeugs im Vergleich zur üblichen Abnutzung sondern die einzelnen Positionen werden lediglich addiert. Die Ermittlung des Minderwerts eines Gebrauchtfahrzeugs bei Weiterveräußerung im Verhältnis zu anderen in üblicher Weise genutzten Fahrzeugen erfordert jedoch eine solche Gesamtschau des Zustandes.
Übermäßige Abnutzungen müssen konkret dargelegt werden
Die Klägerin hat die angeblich vorhandenen Schäden, aus denen sich der Minderwert des Fahrzeugs ergeben soll, auch nicht substantiiert dargelegt. So hat sie auch nach Hinweis darauf, dass die Bezugnahme auf das Gutachten nicht ausreichen dürfte, die angeblichen Schäden nicht näher konkretisiert. Insbesondere hat die Klägerin lediglich pauschal behauptet aber nicht hinsichtlich der einzelnen angeblichen Beschädigungen dargelegt, weshalb es hierbei nicht um normale Abnutzungserscheinungen handelt. Denn es ist zu berücksichtigen, dass ein Fahrzeug, welches im Straßenverkehr bewegt wird, im Laufe der Zeit unweigerlich einige Schrammen und Kratzer, Dellen und Steinschläge erleiden wird. Soweit diese nicht über das übliche Maß hinaus gehen, stellen sie ganz normale Abnutzungserscheinungen dar (AG Köln, Urteil v. 20.03.2012, Az. 124 C 12/12). Die Klägerin hätte bei ihrer Darlegung diese Abgrenzung vornehmen müssen (vgl. LG Frankfurt, NJW-RR 1998, 349; LG Hamburg, NJW-RR 1989, 883). Auch soweit die Klägerin Fotos vorgelegt hat (Bl. 83-93 d.A.) lässt sich nicht erkennen, dass über die normale Abnutzung hinausgehende Schäden bestanden. Denn sämtliche hier vorgelegten Detailaufnahmen zeigen winzige Steinschlagschäden, die noch einer normalen Abnutzung im Straßenverkehr bei einer Nutzung über zwei Jahren und einer Laufleistung von 20.973 km entsprechen können. Soweit in den Bildern 13 und 15 Schäden an der Motorhaube fotografiert sind, ist mangels Angabe zur Größe der Aufnahmen nicht erkennbar, ob hier ein über den normalen Verschleiß hinausgehender Schaden vorliegt. Schließlich hat die Klägerin, auch nachdem der Beklagte die Fälligkeit einer Wartung bestritten hat, hierzu nicht substantiiert, etwa durch Vorlage eines Serviceheftes, vorgetragen, sondern lediglich pauschal eine Wertminderung in Höhe von 300,00 EUR angesetzt.
Keine Erstattung von Gutachterkosten für völlig ungeeignetes Gutachten
Der Klägerin steht auch kein Anspruch auf Erstattung von hälftigen Sachverständigenkosten in Höhe von 117,09 EUR zu. Zwar ergibt sich aus Ziff. XVII.1 der klägerischen AGB eine hälftige Kostenteilung der Sachverständigenkosten. Ob diese Regelung angesichts des überwiegenden Interesses der Klägerin an der Wertermittlung wirksam ist kann aber dahinstehen, da das eingeholte TÜV-Gutachten, wie oben ausgeführt, für die Ermittlung des Minderwertes ungeeignet ist und der Beklagte schon aus diesem Grund nicht zur Kostentragung verpflichtet ist.
Quelle: AG Köln, Urteil vom 24. Juli 2012 – 134 C 311/11 –, juris